Corona und Schulgeld: Eltern bei Privatschulen selbst gefordert
Während der Unterrichtsminister sämtliche Beiträge für Schulen aufgrund der Corona-Pandemie erlässt, legen sich private Schulerhalter oft quer. Die Position der katholischen Kirche als größter Privatschulerhalter Österreichs spricht hier eine klare Sprache: Weiterzahlen!
In Zeiten von Corona ist es gerade für Mitmenschen mit Kindern eine besondere Herausforderung, mit der Situation zurecht zu kommen. Zusätzlich zu den Einkommensausfällen, die bei einigen Eltern bis zu 100% ausmachen, kommen noch Fragen wie die Betreuung des Kindes sowie natürlich auch der Ersatz des Unterrichts – und alles das bis zumindest Mitte Mai, wie heute seitens der Regierung verlautbart wurde.
Aus diesem Grund erklären sich immer mehr verantwortliche Schulbetreiber bereit, von der Einhebung der Schulgebühren abzusehen. Das bedeutet für die Schulen, dass sie für die laufenden Kosten – in Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht neben den staatlichen Förderungen – in den nächsten Wochen selbst aufkommen. Mittlerweile sorgt bei staatlichen Schulen ein Erlass des Unterrichtsministers für Klarheit dahingehend, dass für die Leistungen von Ganztagsschulen, die aufgrund von COVID nicht in Anspruch genommen werden können, keine Beiträge zu entrichten sind (bis zum uneingeschränkten Unterricht). Bei Privatschulen, bei denen primär ein privatrechtlichen Vertrag zwischen Schulbetreiber und Erziehungsberechtigten das Vertragsverhältnis regelt, müssen die Eltern meist selbst aktiv werden, um die in der Regel unrechtmäßig eingeforderten Beträge zurückzufordern bzw. eine Reduktion, bisweilen sogar komplette Aussetzung, der monatlichen Gebühren zu erwirken, sofern nicht der Schulbetreiber selbst für Klarheit sorgt.
Die auf Zivilrecht und hier insbesondere auf Vertragsrecht spezialisierte Rechtsanwältin Nina Ollinger klärt auf: „Es ist hier – und dazu gibt es neben einer klaren Rechtslage auch einschlägige Rechtsprechung – davon auszugehen, dass diese Situation als höhere Gewalt einzustufen ist, die klare Rechtsfolgen nach sich zieht, nämlich, dass sowohl die Leistung (Unterricht und Aufsicht der Kinder) wie auch die Gegenleistung (Bezahlung) wechselseitig auszusetzen ist.“
Umso spannender mutet es an, dass die römisch-katholische Kirche, nicht zuletzt der größte Träger der österreichischen Privatschulen, hier eine eigentümlich anmutende Rechtsansicht vertritt und diese den Eltern vorsorglich – wohl um etwaige Ansprüche von vornhinein zu unterdrücken – mitteilt. Dies führt naturgemäß zu großer Verunsicherung seitens vieler Eltern, von denen sich einige mit der Bitte um Hilfe und Unterstützung an Rechtsanwältin Nina Ollinger wandten, die sich daraufhin mit dem Schulverwalter, konkret die Erzdiözese Wien, schriftlich in Verbindung setzte.
Die noch skurriler anmutende Antwort des Schulerhalters finden Sie hier. Besonders interessant ist diese Argumentation im Hintergrund des fast zeitgleich an alle Eltern ausgesandten Osterbrief des Letztverantwortlichen der Schulstiftung, Kardinal Christoph Schönborn, der in der schwierigen Corona-Zeit insbesondere an die Solidarität appellierte. Was er damit konkret meinte, wird klar, wenn man in einem weiteren Schreiben der Schulstiftung der Erzdiözese an die Eltern davon liest, dass „sich die Eltern untereinander unterstützen sollen, also wohlhabendere Eltern für Betroffene zahlen sollen“. – damit wohl die Kirche nicht auf ihre Einnahmen verzichten muss – zusätzlich zu den weiter fließenden öffentlichen Mitteln, die der Schulerhalter erhält, sei hier noch angemerkt. Dass neben dieser ethisch höchst fragwürdigen Vorgehensweise dabei die rechtlichen Gegebenheiten völlig außer Acht gelassen werden, findet vor allem die langjährig praktizierende Rechtsanwältin, die nicht das erste Mal rechtlich gegen die Schulstiftung vorgehen muss, besonders kurios.
„Da es hier offenbar keine Einsicht der katholischen Kirche gibt, was die – ich betone es nochmals – unrechtmäßig eingehobenen Beiträge betrifft, habe ich mich entschlossen, öffentlich aufzuklären, um betroffenen Eltern die Möglichkeit zu geben, sich korrekt zu informieren und selbständig zu entscheiden, wie sie persönlich angesichts der Situation mit ihren Verträgen umgehen.
“Meine Empfehlung lautet, dass die Beträge unter Vorbehalt bezahlt werden und dies dem Schulerhalter schriftlich zur Kenntnis gebracht wird, um die eigenen Ansprüche zu wahren. Das ebenfalls kostenfrei zur Verfügung gestellte Muster-Anspruchsschreiben kann dafür von betroffenen Eltern angepasst und verwendet werden.”
Zur weiteren Rechtsverfolgung, sollte die Antwort des Schulerhalters negativ ausfallen, empfiehlt Nina Ollinger, den Anwalt des Vertrauens zu Rate zu ziehen.
Wünsche, Anregungen und Beschwerden bitte ausschließlich an: corona@ra-ollinger.at.
Hinweis: Trotz gewissenhafter Zusammenstellung kein Anspruch auf Vollständigkeit. Jegliche Haftung ist ausgeschlossen. Die Beurteilung im Einzelfall ist wesentlich. Diese Information kann die Beratung im Einzelfall nicht ersetzen.